Wer das wahre Marokko kennenlernen will, kommt um einen Ausflug ins Landesinnere nicht herum. Surfen in Taghazout oder Shoppingausflüge in Marrakesch sind ja ganz nett, aber stellen sicherlich nicht den Alltag der Marokkaner dar. Dazu fuhr ich ins Landesinnere in das Atlasgebirge und wanderte drei Tage an geschwungenen Serpentinen durch das Imlil-Tal und besuchte die abgeschiedenen Dörfer der stolzen Berber, die ihre alten Traditionen seit Jahrhunderten pflegen. Tipps zur Wanderung durch das Atlasgebirge liest du in meinem Artikel über Marokko Imlil.

Sobald ich das quirlige Marrakesch hinter mir ließ, atmete ich tief ein. Die Luft wurde kühler und reiner. Die Wüstenhitze verlor sich in den schneebedeckten Bergen. Vorbei war das aufdringliche Geschrei der Verkäufer im Gassengewirr der Souks von Marrakesch. Ich schaute aus dem Fenster und sog den Anblick grüner Berge, idyllischer Dörfer und entspannter Lebensweise in mich auf.

Ich befand mich auf dem Weg nach Imlil, dem Ausgangspunkt für Wanderungen in das mächtige Atlasgebirge. Der Ort beherbergt rund 5.000 Einwohner, die von der Landwirtschaft und Viehzucht leben.

Als wir nach etwa neunzig Minuten in Imlil ankamen, lachte mich der Fahrer mit einem breiten Grinsen an und zeigte auf ein Maultier: „Pack deine Sachen darauf und folge ihm.“ Zunächst glaubte ich, mich verhört zu haben. Doch er meinte es ernst. Die letzte halbe Stunde Weg war mit einem Auto nicht befahrbar. Nur ein von den Berbern traditionelles Lastentier würde dieses unwegsame Gelände in luftiger Höhe schaffen.

Ich übernachtete in der Kasbah du Toubkal im Hohen Atlas von Marokko. Kasbahs sind mächtige Lehmburgen, die heute unter anderem Hotels beherbergen. Die Kasbah du Toubkal liegt auf einem Hügel im Nationalpark Toubkal und bietet einen unvergleichlichen Blick auf den mächtigen Jbel Toubkal, den höchsten Berg Nordafrikas.


Die Kasbah du Toubkal kommt dir bekannt vor?

Marokko Atlasgebirge
Toubkal thront über Imlil wie eine Festung aus einer anderen Zeit und tatsächlich versuchten die britischen Eigentümer, traditionelle Bautechniken und –materialen beizubehalten. Dabei musste jeder Stein und überhaupt alles Baumaterial in mühsamer Handarbeit per Maultier zur Kasbah geschleppt werden, weil der steile, unwegsame Weg keine direkte Anfahrt zuließ.

✓ Fun Fact: Für seinen Film „Kundun“ über den Dalai Lama ließ Martin Scorsese die gesamte Anlage zu einem tibetanischen Kloster umbauen. Im Hotel hängen dazu einige Fotografien aus, auf denen du innerhalb der Kulisse das reale Gebäude erkennst.

Auf den Preis der Unterkunft werden automatisch fünf Prozent Extragebühr aufgeschlagen, die direkt zurück an das Dorf gehen. Damit werden Projekte zur Verbesserung der Infrastruktur, Bildung und Gesundheit unterstützt. Außerdem wird das Hotel komplett von Berbern aus den umliegenden Dörfern geführt. Kein Wunder, dass die Unterkunft zu den National Geographic Unique Lodges Of The World gehört!


Achte auf zertifizierte Wanderguides

Marokko Atlasgebirge
Die Kasbah organisierte meine dreitägige Wanderung durch das Atlasgebirge mit einem vom Bureau des Guides zertifizierten Guide namens Abdel und dem Koch und Maultierführer Ali.

✓ Wichtig: Ein Maultier sollte nie mehr als 80 Kilo tragen, wohl genährt sein und keine Verletzungen haben. Viele, gerade unausgebildete Maultierführer beschmeißen ihre Tiere mit Steinen, verwenden Trensen, die extrem schmerzhaft für sie sind. Achte darauf und suche dir ggf. einen anderen Maltierführer, der einen liebevollen Umgang mit seinem Tier pflegt.

Eine solche Zertifizierung ist äußert wichtig: Zum einen stellst du somit sicher, dass die Maultiere gut gehalten werden, zum anderen dass der Guide voll ausgebildet und auf Notfallsituationen reagieren kann. Wenn du weitere Wander-Tipps zum Atlasgebirge brauchst, lese dir diesen Link durch.

Zum Thema Sicherheit in Marokko findest du in diesem Artikel gute Tipps.

Ich ließ meinen Koffer in der Kasbah und hatte nur einen leichten Rucksack mit den nötigsten Sachen dabei. Das Essen und die Getränke für die restlichen drei Tage schleppte das Maultier, das wie von unsichtbarer Hand gezogen den Weg kannte und vor unserer kleinen Wandergruppe dahin trottete.

Apropos Essen: Ein warmes Mittagessen auf der Picknickdecke wurde immer begleitet von einer wunderschönen Berglandschaft.


Gipfelberg Toubkal

Marokko Atlasgebirge
Die meisten Besucher reisen wie ich in das malerische Bergdorf Imlil im Atlasgebirge, um wandern zu gehen und die Einsamkeit und Abgeschiedenheit zu genießen, die ich in Europa nur noch an wenigen Orten gefunden habe.

Der Jbel Toubkal ist mit 4.167 Metern der höchste Berg in Marokko und der 22.-höchste in ganz Afrika. Viele Wanderer zieht es nur wegen diesem Berg in das Atlasgebirge, aber da ich einmal in den peruanischen Anden schrecklich an der Höhenkrankheit gelitten habe, reichte mir eine gemütliche, mehrtägige Wanderung in den umliegenden Bergen von Imlil Marokko.


Teezeremonie und Berber-Gastfreundlichkeit


Zunächst ging es am frühen Morgen zum nahe gelegenen Wasserfall. Wanderung ist vielleicht übertrieben – nach einem Kilometer erreichten wir den Wasserfall, der eher an ein kleines Flüsschen erinnerte. Kleiner Zwischenstopp, und alles ganz easy dachte ich. Weiter ging es zum Dorf Armoud, in dem unser Guide Abdel an einem Berberhaus anklopfte und um Tee bat. Es wurden Pfefferminztee und ein paar Nüsse gereicht und die weltberühmte Berber-Gastfreundschaft berührte mich.

Das sah alles sehr ungekünstelt aus, aber natürlich war ich mir bewusst, dass die Menschen in den Bergdörfern des Atlasgebirges nur wenig Geld haben. Sie sind darauf angewiesen, reichen Touristen aus dem Westen gegen ein kleines Entgelt ihre Haustür zu öffnen.

Man kann dagegen sein, bei fremden Menschen wie in einem Zoo ein- und auszugehen. Fotos zu machen und für eine Stunde so zu tun als sei alles in Ordnung in der Welt. Allerdings erklärte uns Abdel, dass solche Besuche für die Familie eine wichtige Einnahmequelle seien, und wir daher diese Tour unbedingt machen sollten.


Dreitägige Rundwanderung durch Marokko Atlasgebirge

marokko atlasgebirge
Die Wanderung im Atlas war anspruchsvoll, aber machbar. Selbst für jemanden wie mich, der nicht der größte Wanderfan ist. Weite Strecken verbachte ich in völligem Weinklang mit der Natur: Keine Menschenseele außerhalb unserer Wandergruppe weit und breit. Nur Vogelgezwitscher, Stille und imposante Bergketten um uns herum. Das Oktober-Wetter im Atlasgebirge stellte sich als ideal für Wanderungen jeglicher Art heraus. Warm und sonnig tagsüber und nachts angenehm kühl, um gut schlafen zu können.

Kamen wir an einem Dorf vorbei, überholten uns Frauen, die Getreide für ihr Vieh sammelten. Hirten kümmerten sich um Schafe und Ziegen und ließen ihre Hunde sie in die richtige Richtung lenken. Kinder lachten und spielten auf den Straßen und winkten uns verschämt aus den Fenstern ihrer Häuser zu. Männer schlürften Tee und rauchten Zigaretten, bis sie durch einem Gebetsanruf unterbrochen wurden.

Ich war wie berauscht von der natürlichen Schönheit und dieser großartigen Kultur in diesem unberührten Landstrich.


Die Kultur der Berber

Marokko Atlasgebirge
Wir übernachteten nach einem zweiten Tagestrek in der Azzaden Trekking Lodge im Azzaden Valley und päppelten uns mit leckerer Tagine, Keksen und dem in Marokko omnipräsenten Minztee auf. Während des Abendessens löcherte ich Abdel mit unwissenden Fragen über seine Kultur und Religion, und er beeindruckte mich mit seiner Geduld. Ich fand es wahnsinnig spannend und lernte durch ihn und die Wanderung viel über das Leben der Berber. Zum Beispiel dass die Sprache, Bräuche und Traditionen der Berber und Araber nicht unterschiedlicher sein können und sie lediglich ihre gemeinsame Religion eint.

Ebenso zeigen sich ihre Frauen oft unverschleiert dürfen meist ihre Partner in einem gewissen Rahmen frei wählen.

Die Unterkunft war einfach und komfortabel. Nach einem langen Tag mit einer Wanderung über etliche Höhenmeter hatte ich mit dem Einschlafen keine Probleme. Bis ich gegen 4:00 Uhr morgens von den Gebetsanrufen der Muezzin von der nächstgelegenen Moschee aus geweckt wurde.

Aber so ist das Leben in Marokko nun einmal. Es macht seinen unvergleichlichen Charme aus.

*Dieser Artikel entstand mit freundlicher Unterstützung der Kasbah du Tuobkal, dem Marokkanischen Fremdenverkehrsamt und Greenpearls®. Vielen Dank dafür.

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