Bei dem Gedanken an Nicaragua kommen mir die vielen Pakete in den Sinn, die wir als Kinder dem ehemaligen sozialistischen Bruderland in den achtziger Jahren schickten. Begeistert packte ich mit meiner Mutter den Kindern im vom Bürgerkrieg gebeutelten Land mitten in Mittelamerika meine kleine Lieblingspuppe ein, suchte Spielzeug zusammen und trennte mich schweren Herzens davon.
Nie hätte ich damals gedacht, dass ich zwanzig Jahre später tatsächlich in das Land reisen werde, das damals als eines der gefährlichsten der Welt galt.
Ausreise Honduras – Anreise Nicaragua
Heute sind Nicaraguas Tage der bewaffneten Konflikte längst gezählt und überrascht stelle ich fest, dass das größte Land Mittelamerikas noch vom Massentourismus verschont geblieben ist und unverfälschte Kultur- und Naturerlebnisse bietet.
Allerdings gestaltet sich das Reisen angesichts der desolaten Infrastruktur etwas schwierig. Die maroden Strassen bestehen praktisch nur aus unbefestigten Feldwegen und unzähligen Schlaglöchern, was die kurzen Strecken beschwerlich und endlos lang erscheinen lassen. Erschwerend kommt hinzu, dass die meisten Busse sehr früh am Morgen starten und ihren Verkehr bereits am späten Nachmittag einstellen.
Vom südlichen Teil Honduras kommend nahm ich einen billigen, so genannten Chicken Bus von Choluteca zur nicaraguanischen Grenzstadt Guasaule für umgerechnet ungefähr 1 US$. Dort blätterte ich 3 US$ hin und erhielt einen bunten Ausreisestempel in meinem Pass.
Den Weg bis zum nicaraguanischen Grenzabschnitt legte ich zu Fuß zusammen mit ein paar weiteren Backpackern zurück. Dort angekommen erhielt ich gegen eine kleine Gebühr eine Touristenkarte, die neunzig Tage gültig ist. Bienvenidos Nicaragua! Von Guasaule aus ging es mit einem kleinen colectivo – das sind umgebaute VW Busse, in die erstaunlicherweise bis zu 28 Menschen reinpassen – nach Chinandega und weiter nach Léon.
Die Lektion des Tages: Unbedingt vor 20.00 Uhr an der Grenze sein, denn danach wird es schwierig, einen Anschlussbus ins Landesinnere zu finden und in der Grenzstadt gibt es keine Hotels oder Herbergen.
Geld wechseln in Nicaragua
Ich wechselte am Grenzübergang meine letzten honduranischen lempiras und tauschte sie gegen den nicaraguanischen córdoba ein. Mein Backpacking-Herz wollte es kaum glauben, doch diese fliegenden Geldwechsler tauschten meist zu einem besseren Kurs als die Banken des Landes. Allerdings informierte ich mir vorher über den aktuellen Umtauschkurs, um nicht übers Ohr gehauen zu werden.
Kolonialstadt Léon in Nicaragua
Im nordwestlichen Teil Nicaraguas fuhr ich an der beeindruckenden Cordillera de los Maribios entlang, der vulkanreichsten Region in Mittelamerika, wovon noch einige Vulkane aktiv sind.
An ihrem Fuße liegt die alte Kolonialstadt León, die einst die Hauptstadt Nicaraguas war und heute die zweitgrößte Stadt des Landes ist.
Die charmante Kolonialstadt besteht aus Kopfsteinpflaster, vielen Kirchen und kleinen Parks, und obwohl nicht so touristisch herausgeputzt wie Granada wirkt die große Universitätsstadt sehr dynamisch, geschäftig und ursprünglich. Das Geburtshaus von Rubén Darío ist einen Ausflug wert und die Nicas – so werden die Nicaraguaner im landestypischen Dialekt genannt – verehren ihn als den großartigsten Dichter Lateinamerikas. Sein altes Haus beherbergt nun ein Museum in der calle central, drei Blöcke westlich vom Parque Central.
An diesem Hauptplatz, der gut zur Orientierung dient, befindet sich auch die größte Kirche Mittelamerikas, die Cathedral aus dem 18. Jahrhundert, in der Rubén Darío neben dem Altar begraben liegt.
Kirchliche Feiertage in Nicaragua
Wenn es irgendwie geht, solltest du deine Reise nach Nicaragua auf einen der kirchlichen Feiertage legen, um Zeuge der ansteckenden Partylaune und Gastfreundschaft der Einheimischen zu werden.
León an den nationalen Feiertagen wie der Semana Santa vor Ostersonntag, dem Unabhängigkeitstag am 15. September oder dem 14. August, der Mariä Himmelfahrt ist sicherlich ein unvergessliches Highlight.
Ohne dass ich nicht es geplant hatte, geriet ich an Mariä Himmelfahrt in einen Party-Marathon, der es in sich hatte.
An jeder Straßenecke gab es Salsabands, zu denen alle Nicas spontan kleine Tanzeinlagen boten. Es wurden Altare aufgestellt und viele verteilten Süßigkeiten.
Die Strassen quollen über von fröhlichen und tanzenden Menschen, Feuerwerke erleuchteten die Innenstadt und die gesamte Stadt schien auf irgendeiner Droge hängen geblieben zu sein. Beim Schlendern durch die alten Gassen luden mich ein paar Einheimische zu einer Party auf einem Hof eines alten Kolonialhauses ein. Dort drückte man mir ein kleines, mit süß-klebrigen prall gefülltes Bastkörbchen in die eine Hand und einen Mojito in die andere Hand.
Ich tanzte, lachte, führte mit meinem rudimentären Spanisch großartige Gespräche und bewunderte die Lebensfreude der Nicas.
Granada – ein kolonialer Traum
Südlich von Managua befindet die wohl eleganteste und älteste spanische Stadt Nicaraguas, das 1524 gegründete Granada, das direkt am Lago de Nicaragua liegt. Eine Stadt wie gemacht für Touristen, die sich einmal wie reiche Kaffeeplantagenbesitzer aus dem 19. Jahrhundert fühlen wollen.
Das Zentrum der Stadt bildet der Parque Central, der Hauptplatz, und die Cathedral davor.
In Granada kann man sich unzählige Kirchen und schön sanierte Kolonialbauten mit geschnitzten Holztüren ansehent. Die wohl beeindruckendste Kirche ist die 1539 erbaute Iglesia de La Mercded mit ihrer barocken Fassade, die sich vier Blöcke westlich vom Parque Central befindet.
Mit Erlaubnis des Hausmeisters erklomm ich den Kirchturm und genoß eine überwältigende Aussicht auf die Stadt, den Lage de Nicaragua und den Volcán Mombacho.
Nicaraguas Hauptstadt
Nicaraguas Hauptstadt Managua lohnt sich allenfalls als Ausgangsbasis, wenn man mit dem Flugzeug anreist. Ansonsten umfährt man den Zwei-Millionen-Moloch am besten ganz, denn es gibt aufgrund der vielen Zerstörungen durch Erdbeben ohnehin nicht viel zu sehen.
Also wozu zu lange in den deprimierenden Großstädten rumhängen, wenn du auch in den kleinen Küstenstädtchen wie San Juan del Sur surfen gehen kannst.
Alle wichtigen Informationen über Nicaragua auf einem Blick
Hauptstadt | Manuaga |
Fläche | 129.494 km² |
Einwohner | Rund 6 Mio. |
Währung | Córdoba Oro, 1EUR = 31,1 NIO |
Zeitzone | UTC-6, keine Sommerzeit |
Telefonvorwahl | +505 |
Strom | 110 V, 60 Hz, wie in den USA |
Klima | Tropisch heiß und feucht |
Landesweiter Notruf | 118 |
Sprache | Spanisch, einheimische Sprachen wie Miskito und Sumuama |
Wichtige Ausdrücke | Nicas (Einheimische), Chocho (abgefahren), salvaje (toll) |
Einreise | Bis max. 90 Tage kein Visum nötig. Bei der Einreise kauft man sich eine Touristenkarte für derzeit rund 3,80 Euro. |
Budget | Rund 25 US$ pro Tag |
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