Aus gegebenem Anlass heute mal etwas sehr Ernstes und Wichtiges: Die stetig wachsende Anzahl Reisender, die Globalisierung sowie die rasante technologische Entwicklung haben die Zunahme sexueller Gewalttaten gegenüber Kindern im Tourismus verstärkt. Wie oft sehen wir weg, wo aktives Handeln wichtig wäre! Jeder Reisende kann aktiv werden. Wenn du etwas Auffälliges beobachtest, solltest du nicht zögern, dies zu melden. Die Kinderschutz-Referentin Heike Jödicke-Birnbaum vom Deutschen Reiseverband hat viele Tipps gegeben, was du bei auffälligem Benehmen beachten musst.

Vielleicht hast du auf deiner Reise schon einmal eine Situation beobachtet, die in dir ein merkwürdiges Gefühl hinterließ. Du liegst am Hotelstrand. Zwei einheimische Kinder verkaufen Wasser und kleine Souvenirs. Ein Hotelgast winkt die Kinder heran. Er berührt das Mädchen am Hintern. Sie reden miteinander. Nach kurzer Zeit verlassen sie den Strand und laufen Richtung Hotel. Und du fragst dich: Was war das? Warum gehen sie zum Hotel? Es fühlt sich irgendwie nicht richtig an.

Und trotzdem sagst du nichts. Willst dich nicht aufdrängen oder dumm dastehen. Schließlich weißt du nicht, was wirklich passiert ist. Wird schon nicht so schlimm sein, beruhigst du dich, bevor du dich wieder deiner Zeitung widmest.

Stopp!

Nach Schätzungen des Kinderhilfswerks UNICEF werden jedes Jahr weltweit etwa zwei Millionen Mädchen und Jungen schon in frühester Kindheit sexuell ausgebeutet – mit gravierenden Auswirkungen auf Leib und Seele. Die Tendenz ist weiter steigend.

Die stetig wachsende Zahl der Reisenden, die Globalisierung und die rasante technologische Entwicklung haben die Zunahme sexueller Gewalttaten gegenüber Kindern im Tourismus verstärkt. Das Internet, mobile Technologien und Apps erleichtern die Kontaktaufnahme. Täter nutzen bewusst die Anonymität im Netz und im Ausland für die Ausübung ihrer Straftaten. Neue Formen von sexueller Ausbeutung entstehen.


Anzeichen sexueller Ausbeutung

*Das Erklärvideo veranschaulicht das Thema kurz und knapp.

Doch wie erkennt man Anzeichen für sexuelle Ausbeutung im Tourismus?

✓ Erwachsene fotografieren fremde Kinder am Pool oder Strand – in knapper Badekleidung oder nackt.

✓ Erwachsene sprechen Minderjährige am Strand an und versprechen ihnen ggfs. teure Geschenke.

✓ Erwachsene berühren Kinder und Jugendliche unsittlich im Restaurant, am Strand, auf dem Boot.

Ich finde dieses Verhalten nicht normal, und niemand sollte sich schlecht fühlen, wenn man den Erwachsenen darauf anspricht. Denke immer daran, dass Kindesmissbrauch weltweit eine Straftat darstellt! Straftaten, die von Deutschen im Ausland begangen werden, können nach §5 Nr. 8 StGB in Deutschland verfolgt werden.


Wo werden Kinder sexuell missbraucht?

Das passiert nicht nur in Schwellen- und Entwicklungsländern. Auch in Deutschland und Europa werden Kinder sexuell missbraucht. Die sexuelle Ausbeutung wird befördert durch Armut, Korruption der Behörden, unzureichende Gesetzgebung, ungenügende Strafverfolgung.

Missbrauchsfälle können in allen Hotelkategorien vorkommen: vom Luxus-Hotel, in dem Diskretion groß geschrieben wird, bis zur Hinterhofpension, in der keine Personaldaten abgefragt werden und cash bezahlt wird. Aber auch in privaten Unterkünften, in denen teilweise die Gäste ins Familienleben integriert werden und direkten Kontakt zu den Kindern der Gastgeber haben.

Wer sind die Opfer?

Mädchen und Jungen sind betroffen. Häufig gehören sie Minderheiten oder indigenen Gruppen an. Oft leben sie in Armut, sind familiären Problemen ausgesetzt, müssen arbeiten, auf der Straße leben, etc.


Wer sind die Täter?

Es gibt kein klares Täterprofil. Täter stammen aus allen Alters- und Bildungsschichten, sind als Rucksacktouristen, Individual- oder Pauschalreisende bzw. als Geschäftsreisende unterwegs. Es sind nicht nur Männer – auch Frauen! Häufig sind es Gelegenheitstäter/-innen, die den Missbrauch vor der Reise nicht geplant hatten.


Was kannst DU tun?

✓ NICHT WEGSEHEN – AKTIV WERDEN! Jeder Reisende kann aktiv werden. Wenn du etwas Auffälliges beobachtest – egal ob Verdachtsfälle oder Straftaten –, solltest du nicht zögern, dies zu melden:

✓ Über www.nicht-wegsehen.net kannst du deine Meldung an jedem Ort der Welt abgeben – auch anonym. Oder du wendest dich an das Hotelpersonal bzw. die Reiseleitung vor Ort. Wenn es keine Sprachbarrieren gibt, geh auch zu den lokalen Behörden vor Ort (z. B. Polizei).

✓ Wichtige Angaben sind: WAS genau hast du beobachtet? WANN und WO hat sich der Vorfall ereignet?

✓ Wer waren die beteiligten Personen (Beschreibung von Verdächtigen, Opfer, weitere Zeugen)?

✓ Hast du Fotos gemacht?

✓ Weitere wichtige Hinweise können beispielsweise die Beschreibung von Mittelsmännern oder –frauen, notierte Kennzeichen von Autos oder Taxis und einschlägige Nachrichten (SMS, WhatsApp, Messenger etc.) sein.

In der eingangs beschriebenen Situation kannst du übrigens ebenfalls zum Hotel gehen, einen Hotelmitarbeiter aufmerksam machen, der wiederum seinen Vorgesetzten informiert. Du kannst den Gast mit den einheimischen Kindern in der Lobby in ein Gespräch verwickeln bis der Hotelmanager eintrifft. Dieser klärt die Situation und verweigert, wenn nötig, den Zutritt zum Aufzug, nimmt vorübergehend die Kinder in seine Obhut und informiert die lokalen Behörden. Solch beherztes Eingreifen kann sexuellen Missbrauch von Minderjährigen verhindern.

Also spreche die Personen lieber einmal öfter an als eine auffällige Situation aus falscher Scham zu ignorieren.

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