Reisegedanken einer Langzeitreisenden: Soll ich auf Reisen gehen? Meinen Job kündigen? Tipps von einer, die es gemacht hat.

Viele hängen dem Gedanken nach, dass das Reisen dich reif werden lässt und dich zwingt, erwachsen zu werden. Und das stimmt sicherlich auch bis zu einem gewissen Punkt. Du kannst nicht in die große weite Welt hinausziehen und nicht als gewachsene Person zurückkommen. Du hast Abenteuer erlebt, neue Erfahrungen und neue Freunde aus aller Welt gesammelt und Schwierigkeiten selbst überwunden.

Du hast gelernt, dass lieb gewonnene Gewohnheiten von zuhause nicht das Maß aller Dinge sind und das andere Lebensstile besser sein können. Das es sich lohnt, offen für neue Erfahrungen und Begegnungen zu sein. Natürlich hat dich dein Trip verändert!

Du denkst, sobald du wieder wieder nach hause kommst, wirst du allen deinen neue erwachsene Persönlichkeit zeigen können. Sobald du aus dem Flugzeug aussteigst, werden alle lieben Daheimgebliebenen erkennen, dass du viel welterfahrener und reifer zurückgekehrt bist und nicht mehr das kleine Landei von früher. Jetzt kann das Leben losgehen und du weißt jetzt, wo es hin gehen soll.

Allerdings ist mir bei meinen Reisen in den letzten Jahren aufgefallen, dass einige von uns das Reisen nicht als Reifeprozess sehen sondern, ganz im Gegenteil, als eine Art des sich-vor-der-Realität-Verstecken. Sie verharren einfach so lange in einer Endlosschleife von immer gleichen Gesprächen in immer gleichen Hostels mit den immer gleichen Leuten in den immer gleichen Ländern, bis sie gar nicht mehr wissen, wo die Reise eigentlich hingehen soll.

Herumreisende Nomaden

Anfangs denkst du noch, wow, wie geil ist das denn, der Weg ist das Ziel und so weiter. Für immer und ewig zu reisen hört sich wie ein Traum an und wäre genau das, was du mit einem Lottogewinn auf deinem Bankkonto auch machen würdest.

Doch je länger du unterwegs bist und je mehr Langzeitreisende du triffst, desto mehr wird dir klar, dass diese Backpacker nur durch die Welt umherziehen. Sich alles ansehen, aber nirgendwo richtig dazu gehören, beobachten und genießen ohne etwas da zuzusteuern.

In der Zwischenzeit machten deine Freunde aus Schulzeiten all das, was Erwachsene nun einmal so tun, wenn sie älter werden. Sie gründeten Familie, machten Karrieren und fingen an, sich im Hamsterrad der Arbeit totzulaufen, während die Langzeitreisenden einfach weiter umherirren.

Ich bin einer von ihnen. Und es wird mir immer bewusster. Was sicherlich auch daran liegt, dass mein Geburtstag vor der Tür steht und ich mir mal wieder übers Älterwerden Gedanken mache.

Reisegedanken 1 – Warum ich reise

Frau San Juan Puerto Rico (c) Anja Knorr
Schauen wir uns doch mal mein bisheriges Leben an. Kurz nach meinem neunzehnten Geburtstag und frisch von der Schule entlassen, beschloss ich die Welt zu erkunden. Ich hatte kaum Geld, keinen Freund, kein Auto und bewarb mich an der Côte d’Azur als Kellnerin in einem Hotel. Ich hatte keinen Plan, wie es weitergehen soll und wusste nur, dass die Welt darauf wartete, entdeckt zu werden. Und zwar von mir! Wie es mit meiner Zukunft weitergehen soll, würde mir schon auf meinen Reisen klar werden.

Seitdem sind dreizehn Jahre vergangen. Ich habe in fünf verschiedenen Ländern auf drei verschiedenen Kontinenten gelebt und habe mich noch einmal dazu entschlossen, wieder in die Welt hinaus zureisen.

Ich habe immer noch wenig Geld, kein Auto und keinen Plan, wie es in meinem Leben weitergehen soll. Da ist nur diese Sehnsucht in mir, die Welt zu erfahren und kennenzulernen.

Es ist aufregend, aber macht mir auch Angst. Dreizehn Jahre sind vergangen und ich bin immer noch in dieser Endlosschleife des Herumreisens. Meine Freunde haben Fünf-Jahres-Pläne und Karrieren und Bausparverträge. Ich habe mir gerade einen neuen Backpacker Rucksack gekauft.

Warum tue ich mir das nur an? Warum kann ich nicht, wie alle anderen auch, einfach erwachsen werden und mir ein Leben in einem Reihenhaus vorstellen?

Reisegedanken 2 – Die große Lust am Freisein

Es ist die Lust am Freisein. Morgens nicht zu wissen, wo man abends ist. Wen werde ich treffen und wo werde ich morgen sein? Das aufregend Unbekannte. Wer träumt wohl schon als Kind davon, einmal den ganzen Tag den Bürohengst zu spielen und mit Exceltabellen zu hantieren? Nur damit man im Alter ein paar Kröten mehr in der sowieso immer niedrig werdenden Rente hat.

Die aufregende Seite an diesem Leben als herumreisender Nomade ist ein Leben voller Abenteuer. Ein lebenslanger Vorrat an Geschichten und Erfahrungen und Erlebnissen, die durch nichts zu ersetzen sind. Wie bei allem im Leben gibt es dabei jedoch eine Kehrseite, die mich mit jedem Jahr härter zu treffen scheint, jedenfalls an Silvester und Geburtstagen:

Wenn ich von meinen Reisen wieder in der Heimat ankomme, gibt es bis auf meine Erinnerungen und Fotos keine vorzeigbaren Erfolge meines 32jährigen Daseins. Kein Haus, Auto oder erfolgreicher Job. Leider scheinen jedoch genau diese Meilensteine der wichtigste Lebensinhalt der meisten Leute zu sein, jedenfalls der Personaler im Corporate Germany.

Ob diese Überlegungen ein Zeichen von Reife sind oder nur ein langsames Anpassen in das oftmals viel zu enge Korsett einer Gesellschaft, weiß ich nicht.

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